Blühende Pflanzen und alte Eichen säumen die Alleen im Stadtinneren. Das Sonnenlicht bricht in den Wipfeln der Bäume. Es riecht sommerlich frisch, Vögel zwitschern eine wirre und dennoch angenehme Melodie. Ich sitze in einem kleinen Café namens Java am Rande der Church Street.
Glücklich wirkende Menschen schlendern an meinem Tisch vorbei. Ein Pärchen in den Vierzigern schenkt sich ein verliebtes Lächeln. Fünf Studenten, die sich über das Ende ihres Uni-Tages freuen, tauschen sich über die soeben beendete Klausur aus. Am Tisch nebenan geht es darum, was noch für den anstehenden Braai am Abend zu besorgen ist.
Braai ist Afrikaans und bedeutet zunächst nicht viel mehr als das auch in Deutschland weit verbreitete Grillen. Doch die Grundregel eines jeden Südafrika-Reisenden offenbart sich schnell: Vergleiche ein Braai niemals mit einem gewöhnlichen Barbecue oder dem bloßen Zubereiten von Grillfleisch.
Das traditionelle Braai nimmt für Südafrikaner einen sehr großen Stellenwert ein, am 24. September jeden Jahres wird diesem Brauchtum sogar ein eigener Feiertag gewidmet. Braai ist eine echte Zusammenkunft, ein Fest der Freundschaft, der Gelassenheit und des Lebens. Es ist alltäglich und doch immer wieder außergewöhnlich.
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Stellenbosch: Genussvoller Lifestyle unter freiem Himmel
Ein paar Sonnenstrahlen fallen auf mein schwarzes Notizbuch vor mir auf dem Tisch. Daneben hat die freundliche Bedienung soeben einen frisch zubereiteten Cappuccino positioniert. Es ist einer dieser künstlerisch anmutenden Cappuccinos, welcher mit einem floralen Muster verziert ist. Kein Badeschaum, sondern perfekte Crema.
Ich trage Shorts und ein lockeres T-Shirt. Es ist angenehm warm, die Luft dürfte etwa 25 Grad Celsius haben. Die hohen Bäume wirken wie ein Cabrioverdeck für die lang gezogene Hauptstraße quer durch Stellenbosch. Das macht die Mittagssonne erträglich, meine Sonnencrème liegt noch immer in den Weiten meines Koffers.
Nach dem Checkin im zentral gelegenen Stellenbosch Hotel machte ich mich sofort auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Das Drei-Sterne-Hotel liegt direkt im Stadtzentrum und ist vom Flughafen Kapstadt in etwa 30 Fahrminuten zu erreichen. Die Superior Zimmer bieten ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, auch wenn es ein wenig am besonderen Flair mangelt.
Ohnehin spielt sich Stellenbosch draußen ab, unter freiem Himmel. Auf einem der Weingüter, in einer der Open Air Bars oder eben in einem der charmanten Cafés. Am Nachbartisch sitzt eine einheimische Gruppe zum Nachmittags-Snack. Es ist Freitag, offenbar leiten sie das Wochenende ein. Die Stimmung ist entspannt, sie lachen über die Witze des neben mir sitzenden dunkelhaarigen Mannes.
Magische Atmosphäre und koloniales Erbe am Western Cape
Jeder am Tisch hat ein Glas Weißwein vor sich stehen, auf dem Rund verteilen sich farbenfrohe Salate, gegrilltes Gemüse und eine Variation an Fischgerichten. Ich bin erst wenige Stunden in Stellenbosch, doch die Magie dieses Ortes hat mich bereits eingenommen. Nach meinen Cappuccino mache ich mich auf, um weitere Eindrücke zu sammeln.
Es herrscht eine Vertrautheit, als sei ich schon oft hier gewesen. Für einen Moment vergesse ich, im südlichsten Teil Afrikas gelandet zu sein. Wäre Stellenbosch nicht die zweitälteste Stadt des Landes könnte man denken, die Architektur sei erst im Nachhinein auf die idyllische aber zugleich lebendige Atmosphäre abgestimmt worden.
Doch der koloniale Ursprung Stellenboschs ist bei genauerer Betrachtung unverkennbar. Reiche Zeugnisse aus kapholländischer, georgianischer und viktorianischer Architektur säumen die kleinen Alleen. Die gut erhaltene Altstadt wirkt einheitlich und symphatisch. Am Ende der Church Street steht die im Jahre 1719 errichtete Moederkerk, die mit ihrer strahlend weißen Fassade zum Wahrzeichen wurde.
Nur ein paar Straßen weiter erstrahlt die bildschöne Renish Church im gleichen Farbschema. Ich folge einen Wegpfeil mit der Beschriftung SU Botanical Garden und stehe kurz darauf in einer pittoresken Parkanlage, mit einem Blumenmeer und akkurat geschnittenen Grünflächen. Zwei Studenten analysieren die Struktur einiger Pflanzen und empfehlen mir stolz, die artenreichste Bonsai-Sammlung Südafrikas zu bestaunen.
Blumige Entdeckungsreise mit kulinarischen Höhepunkten
Der Botanische Garten von Stellenbosch ist ein traumhaft inspirierender Ort zum Abschalten. Obwohl die Stadt selbst ja alles andere als trubelig ist, finden nicht nur Paare inmitten der üppigen Flora einen ganz besonders romantischen Rückzugsort. Der Garten ist Teil der Stellenbosch University, er ist jedoch öffentlich zugänglich und kostet keinen Eintritt.
Meine Entdeckungstour führt mich weiter zum DeWarenmarkt. Der Barbereich erinnert an einen NewYorker Jazz Club. Die Lampenschirme sind durch Tomtom Trommeln ersetzt worden, eine dunkelbraune Chesterfield Couch steht einladend im Eingangsbereich. Eine Mischung aus extravagantem Food Market und loungiger Wohnzimmer-Atmosphäre.
Im größeren Hauptbereich des DeWarenmarkts befinden sich kleinere Spezialitäten-Stände mit einer feinen Auswahl an Köstlichkeiten und frischen Säften. Studenten sitzen hier mit ihren Laptops zusammen und haben farbenfrohe Getränke vor sich stehen. Ich probiere den Revitalizer, eine Mischung aus Ananas, Apfel, Zitrone, Ingwer und frischer Minze.
Der leckere Fruchtcocktail versorgt mich merklich mit neuer Energie. Das Ambiente und das Angebot wirken sehr durchdacht und einladend. Geselligkeit und Genuss stehen in Stellenbosch stets ganz oben auf der Agenda, DeWarenmarkt passt da wie der Deckel zum Topf. Wenige Meter weiter finde ich jm Craft Wheat and Hop eine modern gestaltete Brauerei.
Von jungen Bier-Brauern und alten Familienrezepten
Der beste Beweis, dass Stellenbosch nicht nur in Sachen hochklassiger Weine ganz oben mitspielt. Inhaber Dan bemerkt schnell meine prüfenden Blicke und steht mir freundlich Rede und Antwort. Kurz darauf darf ich einige der angebotenen Biersorten testen und bin von der geschmacklichen Bandbreite begeistert. Dan berichtet mir stolz von der wachsenden Bierindustrie in und um Kapstadt.
Insbesondere kleine Start-Up Brauereien strömen mit kreativen, individuellen Biersorten auf den Markt und begeistern sowohl Locals und Urlauber gleichermaßen mit neuen Angeboten. Meine letzte Station an diesem Nachmittag ist eine alteingesessene Fleischerei. Ich möchte gerne das traditionelle südafrikanische Trockenfleisch probieren, ein Einheimischer empfahl mir hierfür die Eikeboom Slagtery Butchery.
Ein wahres Paradies für jeden Fleischliebhaber. Vom hauseigenen Biltong bin ich begeistert, es wird nach altem Familienrezept zubereitet und luftgetrocknet wird. Es unterscheidet sich geschmacklich deutlich vom amerikanischen Beef Jerky. Für 1 Kilogramm würde ich rund 250 Rand zahlen (etwa 15,00€), doch eine kleine Kostprobe reicht mir fürs Erste.
Am Abend wartet die erste Braai Einladung auf mich, da sollte ich besser noch Platz lassen. So schlender ich langsam zurück zu meinem Hotel und kann mir ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Stellenbosch ist eine wundervolle Stadt mit einem ganz besonderen Lebensgefühl. Ich fühle mich sofort mittendrin und sauge die Eindrücke genussvoll auf.
Stellenbosch: So viel mehr als „nur“ ein Weinparadies
Das alltägliche Leben in Stellenbosch konzentriert sich derweil auf nur eine handvoll Straßen im Stadtkern und vermischt sich hier mit dem temporären Aufenthalt von Reisenden. Architektur, öffentliche Plätze und unaufdringliche Kunst harmonieren bestens. Man würde der Stadt nicht genüge tun, seinen Aufenthalt nur auf einige Weinproben oder eine Übernachtung in den Weinbergen zu beschränken.
Ich möchte Stellenbosch schmecken, riechen und fühlen. Am darauffolgenden Abend lasse ich mich in einer der vielen stilvollen Wine Bars nieder und bestelle mir ein Glas Pinotage. Diese Rebsorte gibt es hauptsächlich in Südafrika. Vor allem die Region um Stellenbosch ist bekannt für diese ausgezeichnete Rotweinsorte, wobei ich dem Thema Weingenuss demnächst einen eigenen Artikel widmen werde.
Die Atmosphäre ist jedenfalls auch im dämmernden Abendlicht einzigartig. Die engen Alleen sind nun größtenteils von Kerzenschein und gedimmtem Licht geprägt. Menschen aus allen Altersgruppen vermischen sich nun in den Lokalen. Ich lehne mich zurück, nippe an meinem Glas und schließe für einen Moment die Augen. So lebt also Stellenbosch…
Stellenbosch ist wirklich hübsch. Leider war ich nur kurz beruflich dort und hab nicht ganz so viel gesehen, aber für Braai und Biltong hat es glücklicherweise doch gereicht: Sehr lecker! 🙂