Ein Tag am Panamakanal: Weltwunder und Goldesel

Ein Tag am Panamakanal: Weltwunder und Goldesel

Von der Aussichtsplattform an den Miraflores-Schleusen sehen wir den ersten großen Frachter herangleiten und beobachten aus der Vogelperspektive, wie er langsam und nahezu grazil seinen Weg durch die Schleuse nimmt. Es ist beeindruckend, wie gigantisch die Schiffe aus nächster Nähe wirken.

Und wie passgenau sie sich in den Schleusenbereichen durch den Panamakanal quetschen. „Panamax“ werden die Kolosse genannt, wenn ihr Maximalmaß genau den Vorgaben des berühmten Kanals entspricht und somit auf maximale Wirtschaftlichkeit geachtet wurde.

Panamax Auto-Transportschiff am Panamakanal

Panamalkanal: Ein logistisches Wunder der Technik

Liter für Liter fließt das Wasser von einem Bereich der Schleuse in den nächsten- so lange bis der Wasserspiegel ausgeglichen ist und das Schiff nach Ertönen des lauten Signalhornes endlich passieren kann. An beiden Seiten werden die Giganten von speziellen Lokomotiven flankiert, die mittels stabiler Seile die Schiffe mittig stabilisieren und in wahrer Milimeter-Arbeit durch dieses Nadelöhr schleusen.

Am nächsten Schleusentor beginnt das gleiche Spiel von vorne. Zwei Schleusen liegen parallel nebeneinander, sodass quasi Dauerbetrieb herrscht. Kaum ist der eine Frachter heraus aus der Schleuse, ist ein nächster schon wieder drin. 24 Stunden am Tag, an allen sieben Tagen in der Woche. Am Panamakanal herrscht Hochbetrieb.

Der nächste bitte: Reges Treiben am Panamakanal (Miraflores Locks)

Bestaunen kann man das rege Treiben am Panamakanal am besten während der Öffnungszeiten des Besucherzentrums an den Miraflores-Schleusen (aktuelle Webcam). Hier lässt sich die organisatorische Meisterleistung nicht nur wunderbar von der Aussichtsplattform genießen, es gibt darüber hinaus auch ein sehr interessantes Museum und einen gut gemachten 3D-Film (wechselnde Vorstellungen auf Spanisch und Englisch) mit vielen Hintergrund-Informationen zum oft zitierten „8. Weltwunder“.

Man muss sich einfach mal bewusst machen, welche Historie der Panamakanal hat. Vor über 500 Jahren (!) kam Kaiser Karl V. auf die Idee, man könne doch einen Kanal bauen, um den atlantischen und den pazifischen Ozean zu verbinden und damit den Schiffsverkehr zu vereinfachen. Eigentlich ja eine grandiose Idee, wäre da nicht das viele Festland zwischen den Ozeanen.

Blick vom Besucherdeck des Miraflores Visitor Centers am Kanal

Etwa 350 Jahre nach der Geburt dieser Idee wollen die Franzosen den Gedankenspielen Taten folgen lassen und versuchen sich an diesem verrückt erscheinenden Großprojekt. In den acht Jahren, in denen Frankreich versuchte den Kanal zu bauen, starben mehr als 20.000 Menschen an Malaria und Gelbfieber. Noch einmal zu Verdeutlichung, wir schreiben die Jahre 1881 bis 1889:

Bagger, Kräne, Presslufthammer sind zu dieser Zeit noch Fremdworte. 13 Jahre nachdem die Franzosen den Bau des Kanals demotiviert das Handtuch schmissen, übernahmen die Amerikaner den Auftrag und stellten den Panamakanal tatsächlich fertig. Am 15.08.1914 passierte das erste Schiff die Schleusen und eröffnete dem Land in Zentralamerika auch finanziell völlig neue Möglichkeiten.

Mit knapp 7 Millionen Dollar Passagegebühren, die TÄGLICH durch den Panamakanal in die Staatskasse fließen, kann man guten Gewissens sagen, dass der Kanal heute die wichtigste Einnahmequelle des Landes darstellt. Was vor 400 Jahren also mit einem abwegigen Gedanken begann, ist heute gewissermaßen Goldesel, „Nationalsymbol“ und wichtigste Sehenswürdigkeit des ganzen Landes, das selbstverständlich auch sonst mit vielen Attraktion überraschen kann (dazu in Kürze mehr).

Den Panamana-Kanal Riesen ganz nah

Panamakanal aus nächster Nähe live erleben

Und nun stehen wir unmittelbar davor und es braucht einige Zeit, bis unsere Köpfe realisieren, dass unsere Augen gerade auf ein menschengemachtes Meisterwerk der Technik blicken. Es ist nicht einfach irgendein Fluss, der den Launen der Natur entsprungen ist, sondern die Realisierung eines tollkühnen Planes, das Land mit einer künstlichen Wasserader zur wichtigsten Handelsstraße Gesamtamerikas zu befördern.

Eine solche strategisch wertvolle Verbindung geben die Amerikaner natürlich nicht freiwillig einfach wieder aus der Hand, sondern ließen sich umfassende Rechte zu besten Konditionen zusichern. Letztlich führen die zunehmenden Spannungen zwischen dem ehemaligen Militär-Regime von Panama und den Vereinigten Staaten sogar zu einer Invasion durch die USA im Dezember 1989.

Ziemlich genau 10 Jahre nach diesem Einmarsch und der Inhaftierung von Diktator Manuel Noriega geht der Panamakanal 1999 auch an den Staat Panama zurück und sorgt seither für einen unaufhaltsamen Aufschwung des Landes, das laut dem berühmten Kinderbuch von Janosch ja vor allem nach Bananen riechen soll.

Ob das zutrifft, verraten wir euch in den nächsten Artikeln unseres Panama-Abenteuers hier auf NIEDblog 🙂 Übrigens wird zum 100jährigen Geburtstag 2014 eine dritte – noch viel breitere – Schleuse eröffnet, die den Begriff „Panamax“ in völlig neue Sphären hochtreiben wird. Man darf gespannt sein, was für Mega-Frachtschiffe dann also in Zukunft durch den Kanal schippern!

httpvh://www.youtube.com/watch?v=WgL-6wfmwMM

Die günstigste Möglichkeit ist der öffentliche Bus. Vom Albrook Bus Termin verkehren sowohl die moderneren Busse mit Klima-Anlage (50 Cent) als auch die älteren Teufelsgefährte im Schulbus-Style (35 Cent), richtig sind die Fahrtrichtungen „Gamboa“, „Paraiso“ oder „Summit Botanical Gardens“. Alternativ nimmt man eines der unzähligen Taxen, die je nach Verhandlungsgeschick und Uhrzeit vom Stadtzentrum etwa 5 bis 9 US$ abrufen.
Üblicherweise wird bei Eintrittspreisen in Panama zwischen Einheimischen und Touristen unterschieden, sodass die Locals viele Attraktionen kostenlos oder für einen deutlich günstigeren Preis bekommen. So auch am Panamakanal! Allen Nörglern aus Europa und den USA, denen wir am Eingang begegnet sind: Wir finden diese Regelung völlig in Ordnung, schließlich ist es eine freiwillige Leistung des Staates an seine Bürger, damit auch den weniger wohlhabenden Panameños die kulturellen Einrichtungen offenstehen.

Erwachsene Besucher zahlen an den Miraflores Locks (Stand Juli 2013) 8 Balboa / US Dollar inklusive Museum und 3D Kino, Kinder und Studenten mit Ausweis kommen derzeit auf 5 Balboa. Warum auf der offiziellen Webseite des Kanals ein Preis von 15 Balboa angegeben wird, ist uns unklar.

Das Visitor’s Center ist Montag bis Sonntag von 9:00am to 5:00pm geöffnet, auch an Feiertagen. Tatsächlich hat man am frühen Morgen (gleich zur Öffnung gegen 9 Uhr) und am Nachmittag (meist zwischen 14 und 15 Uhr) die größte Chance, einen der „Panamax“-Giganten beobachten zu können. Wer sich auf sein Glück nicht verlassen will, für den haben wir noch einen anderen Tipp:

Am frühen Morgen unter (507) 276-8325 oder (507) 276-8449 im Miraflores Visitor’s Center anrufen und sich einen Überblick über den Tages-Zeitplan geben lassen. Die Mitarbeiter verraten gerne, zu welcher Uhrzeit mit den „großen Jungs“ zu rechnen ist und wann besonders sehenswerte Passagen zu beobachten sind.


Unsere Recherchen wurde von der Autoridad de Turismo Panamá unterstützt.


Alex
Alex

Alex Mirschel hat FINEST PLACES bereits 2010 gegründet und viele Jahre unter dem Namen Niedblog zu einem der einflussreichsten Luxus-Reiseblogs in Europa entwickelt. Seit dem Rebranding 2022 ist er unter FINEST PLACES unterwegs. Der Frankfurter Diplom-Verwaltungswirt war ursprünglich im öffentlichen Recht tätig und hielt einen Lehrauftrag als Dozent für Soziologie. Heute ist er selbstständiger Berater und Netzwerkpartner von Realizing Progress. Der Digital-Experte entwickelt Strategien, Kommunikationskonzepte und begleitet Veränderungsprozesse von Unternehmen und Destinationen.

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3 Kommentare

  1. 24. August 2013 / 10:50

    Hallo,
    eine tolle Geschichte. Zum Panamakanal muss ich auch unbedingt einmal. Vorallem die Bilder sind wirklich toll geworden!

    Grüße
    Brigitte

  2. 15. August 2013 / 17:17

    Hallo ihr Beiden,

    danke für die Eindrücke und den Bericht.
    Auch wenn der Kanal eine guten Zweck hat, finde ich das spektakel eher uninteresant. Damit meine ich nicht euren Bericht oder die Bilder sonder einzig und allein das Vorhaben dabei zuzuschauen.

    Würde mich wahrscheinlich langweilen.

    LG Flo

    • 16. August 2013 / 13:18

      Hallo Flo,
      vielen Dank für deine Meinung. Auch wir konnten uns vorher nicht vorstellen, dass es interessant sein könnte, auf ein paar Schiffe in einem „Flusslauf“ zu gucken. Zum Glück wurden wir eines besseren belehrt, denn sowohl die Ausmaße des Kanals (und der Schiffe) als auch die organisatorischen Leistungen sind wirklich beachtlich. Es war für uns eine überraschend spannende Erfahrung und wir haben letztlich (inklusive Film und Museum) über 4 Stunden an den Miraflores-Schleusen verbracht!

      Mit der Einstellung „würde mich wahrscheinlich langweilen“ verpasst man leider viele Überraschungen im Leben 😉

      In diesem Sinne: Keep exploring!

      LG
      Alex

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