Abu Dhabi: Als Ungläubige in der Scheich Zayid Moschee

Abu Dhabi: Als Ungläubige in der Scheich Zayid Moschee

Bei unserem Zwischenstopp in Abu Dhabi durfte neben dem luxuriösen Emirates Palace natürlich auch ein Besuch in der Scheich Zayid Moschee nicht fehlen. Die drittgrößte Moschee der Welt kann bis zu 40.000 Gläubige gleichzeitig aufnehmen und ist ein Sakralbau der Superlative.

Über 100 Meter ragen die vier Minarette in den Himmel, die zentrale Moscheekuppel gilt als größte ihrer Art und im Inneren erstreckt sich ein handgeknüpfter Teppich auf über 5600 Quadratmetern Fläche. Der hochwertige Marmor und die vielen Goldelemente sind ein weiterer Grund für die gigantischen Baukosten von fast 400 Millionen Euro.

Abu Dhabi: Als Ungläubige in der Scheich Zayid Moschee
Die beeindruckende Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi aus einiger Entfernung

Doch blanke Zahlen können nur schwer beschreiben, welche Wirkung das Heiligtum der Muslime schon aus einiger Entfernung ausstrahlt. Mit etwas Unbehagen nähern wir uns dem architektonischen Meisterwerk. Schließlich gelten wir Christen gewissermaßen als „Ungläubige“ (kuffār) und dennoch steht die Scheich Zayid Moschee in Abu Dhabi auch westlichen Besuchern offen.

Von Samstag bis Donnerstag sind die Moschee-Öffnungszeiten von 9 Uhr bis 22 Uhr, freitags steht die Grand Mosque aufgrund des großen Gottesdienstes nur am Nachmittag für Besucher offen (weitergehende Infos).

Wie ein Blick durchs Schlüsselloch: Eingang zur Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi
Wie ein Blick durchs Schlüsselloch: Eingang zur Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi

Scheich Zayid Moschee: Abu Dhabis religiöses Zentrum

Je mehr wir uns dem Eingangsbereich nähern, desto mehr schwinden auch unsere Bedenken. Wir sind keineswegs die einzigen auswärtigen Gäste, gleich mehrere Hundertschaften aus aller Welt laufen durch die stilvoll verzierten Säulen und schreiten ehrfürchtig über den marmorierten Boden mit unzähligen Kunstwerken.

Bis auf zwei Russinnen, die vor der Tür wegen ihres aufreizenden Kleidungsstils abgefangen werden, herrscht weitgehend Einheitslook. Die Damen tragen Kopftücher, die Herren zumindest lange Kleidung. Das fällt uns angesichts der drückenden Hitze nicht ganz leicht, doch gebührt es allem Anstand, sich an diesem Ort entsprechend unterzuordnen. Ohnehin sind Shorts oder schulterfreie Oberteile in den islamischen Ländern unserer Reise nicht wirklich gerne gesehen, weshalb wir von vornherein darauf verzichten.

Gäste aus aller Welt sind in der Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi willkommen
Gäste aus aller Welt sind in der Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi willkommen

Die Details und Symbole der Scheich Zayid Moschee Abu Dhabi

Wir treffen auf einen kompetenten Guide und erfahren mehr über die Bedeutungen vieler Symbole innerhalb der Scheich Zayid Moschee, die zwar ganz zauberhaft aussehen, sich aber auf den ersten Blick wohl nicht gleich erschlossen hätten. Recht naheliegend ist noch die Tatsache, dass die flächendeckend weiße Farbe auch für Muslime als Zeichen des Friedens gilt.

Doch bei der bewussten Inszenierung des Lichteinfalls in der Gebetsnische (Mihrāb) der Scheich Zayid Moschee wären wir wohl nicht auf die Assoziation gekommen, dass die gebrochenen Lichtstrahlen an die Flüsse von Honig erinnern sollen, die laut Allah den Himmel durchziehen. Scheich Zayed Bin Sultan Al Nahyan hatte sehr genaue Vorstellungen und beauftragte viele Aspekte inspiriert von Koran-Versen über das Paradies.

Blühende Blumengärten auf den Marmorböden der Scheich Zayid Moschee
Blühende Blumengärten auf den Marmorböden der Scheich Zayid Moschee

Schießt die Scheich Zayid Moschee über das Ziel hinaus?

Die Scheich Zayid Moschee ist gewissermaßen sein Lebenswerk geworden, bevor er nach langer Krankheit im Jahr 2004 verstarb und traditionell neben der im Bau befindlichen Moschee beigesetzt wurde. Für uns wirft diese imposante Ansammlung von Prunk und Luxus jedoch auch Fragen auf. Muss ein ritueller Ort den größten Teppich der Welt, den größten Kronleuchter der Welt oder die größte Moscheekuppel der Welt aufweisen, um den Gläubigen angemessen zu erscheinen?

Oder ist es ein Anflug von Größenwahn gewesen, der sich nicht großartig von den Weltrekord-Bauten in den modernen Geschäftsvierteln der Region unterscheidet? Wie wir erfahren gibt es durchaus Muslime, die den Luxus und den vielen touristischen Trubel für unangebracht halten. Schließlich könne all dies vom eigentlichen Gebet und der kontemplativen Besinnung ablenken. Auch die vielen unterschiedlichen Stilrichtungen stoßen nicht überall auf Begeisterung.

Scheich Zayid Moschee: Größter Kronleuchter der Welt
Scheich Zayid Moschee: Größter Kronleuchter der Welt

Für uns macht gerade diese Vielfalt den Reiz der Scheich Zayid Moschee aus und wo sonst auf der Welt könnte Religion und die Selbstdarstellung von Wohlstand näher zusammenliegen als in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Selten scheint es in Abu Dhabi darum zu gehen, ob Kosten für repräsentative Bauprojekte notwendig oder angemessen sind. Wir können uns als Gäste kein Urteil darüber erlauben, doch die Erinnerungen schwenken schnell auf unseren Besuch im Vatikan, wo wir den Prunk der katholischen Kirche ebenfalls sehr ambivalent wahrgenommen haben.

Ist Glaube und Luxus in diesem Ausmaß vereinbar? Kann ein Gotteshaus, das mit 24-Karat-Gold und Marmor verkleidet ist, auch ein Haus der Ärmsten sein? Und verkörpert dieser Prunk tatsächlich den Eindruck, den man bei auswärtigen Besuchern wie uns hinterlassen möchte?

Vielleicht sind gerade diese Fragen Teil der Faszination.
Die Scheich Zayid Moschee in Abu Dhabi regt zum Nachdenken an, sie lässt uns reflektieren und bringt uns ins Grübeln.


Alex
Alex

Alex Mirschel hat FINEST PLACES bereits 2010 gegründet und viele Jahre unter dem Namen Niedblog zu einem der einflussreichsten Luxus-Reiseblogs in Europa entwickelt. Seit dem Rebranding 2022 ist er unter FINEST PLACES unterwegs. Der Frankfurter Diplom-Verwaltungswirt war ursprünglich im öffentlichen Recht tätig und hielt einen Lehrauftrag als Dozent für Soziologie. Heute ist er selbstständiger Berater und Netzwerkpartner von Realizing Progress. Der Digital-Experte entwickelt Strategien, Kommunikationskonzepte und begleitet Veränderungsprozesse von Unternehmen und Destinationen.

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3 Kommentare

  1. Alexander Dornau
    16. November 2015 / 12:59

    Hallo, danke fuer den Blog, sehr interessiert! Das hat mich ein bisschen neugierig gemacht, werde das vielleicht auch auf meine Reiseliste setzen. Nr. 1 meiner exotischen Reiseziele momentan: Nordkorea!!

  2. Marja
    21. Februar 2015 / 16:38

    Auch ich habe als Christin im April 2014 die Scheich Zayid Moschee in Abu Dhabi besichtigen können. Natürlich mit er vorgeschriebenen Kleidung, was für mich
    selbstverständlich und der Sitte des Landes geschuldet ist. Das Gebäude, seine Pracht und die Umgebung sind unbeschreiblich schön, großzügig luxuriös. Gold, Marmor, tonnenschwere Swarowski Kronleuchter und und und..- einfach faszinierend.
    Die immer wieder in unseren Breiten angesprochene Pracht des Vatikans ist -im Gegensatz zur Moschee- während Jahrhunderten entstanden. Künstler verschiedener Epochen haben dort ihre Spuren hinterlassen, die erst jetzt
    als ambivalent und übertrieben prachtvoll angesehen werden. Die wahren Werte
    kann niemand errechnen oder gar zahlen.

  3. michael
    19. März 2014 / 19:21

    sehr schön beschrieben! ich glaube istanbul hat eine ähnlich große moschee, ich weiß nur nicht ob man dort auch als christ einfach so hereinkommt. bei allen vorurteilen gegen den islam ist das sicher die beste methode anstatt blödes zeug zu schwafeln: sich selbst einfach mal einen eindruck verschaffen. wir haben nämlich oftmals keine ahnung und urteilen einfach über unsere mitmenschen. traurig aber wahr.

    schön dass ihr für ein bisschen aufklärung sorgt. die moschee reizt mich auch sehr, vielleicht schaffen wir es ende des jahres nach dubai und abu dhabi. ich würde mich freuen

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