San Francisco – Nicht Fisch, nicht Fleisch!

San Francisco – Nicht Fisch, nicht Fleisch!

Nach fast einer Woche Glanz und Glamour in „Sin City“ Las Vegas gleicht die Ankunft in San Francisco einem echten Kulturschock. Die über 100 Grad Fahrenheit im Wüstenklima Nevadas sind auf die Hälfte zusammengeschrumpft und ein ordentlicher Sturm tut sein Übriges: Softshell-Jacke statt Shorts & Flip Flops 🙂 Mit der Kult-„Billig“-Airline Southwest fliegen wir von Vegas nach San Francisco und landen pünktlich in Kalifornien.

San Francisco – Nicht Fisch, nicht Fleisch!Die Abfertigung am Flughafen San Francisco verläuft ohne Verzögerungen, mit der kostenlosen Shuttle-Bahn gelangen wir binnen weniger Minuten vom Terminal in den nahegelegenen „Rental Car“ Komplex. Hier sind alle bekannten Mietwagenfirmen direkt nebeneinander angesiedelt und schon kurz darauf sitzen wir in unserem vorab online gebuchten Toyota Corolla S in Richtung „Downtown“. Grundsätzlich ist das Straßennetz in SFO gut zu verstehen und gliedert sich jeweils südlich und nördlich der zentral verlaufenden Market Street, auf der auch unser Hotel Whitcomb liegt. Das größte Manko: Autofahren in San Francisco ist Stress pur. Es gibt zahlreiche Einbahnstraßen, vielerorts ist Linksabbiegen verboten und Parkplätze sind ohnehin Mangelware – hier werden schnell mal 35 US Dollar pro Nacht (!) fällig. Da auch Tankstellen downtown rar gesät sind, würde ich generell von einem Mietwagen in San Francisco dringend abraten, zumal die wichtigsten Sehenswürdigkeiten problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind.

Sunset Golden Gate Bridge - Sonnenuntergang San FranciscoWir haben das Beste aus der Situation gemacht und zunächst „The Warming Hut“ unterhalb der Golden Gate Bridge angesteuert. Dieses ehemalige Marine Areal bietet atemberaubende Blicke auf die Bucht und die fast schon majestätisch darüber thronende Brücke. Nur wenige hundert Meter weiter („Fort Point“) ist ein größerer Parkplatz und ein echter Hotspot für romantische Sonnenuntergänge! Zurück in der Market Street geben wir nach fast 1 Stunde Parkplatz-Suche genervt auf und entscheiden uns schließlich für einen Stellplatz in der Garage des Civic Center Plaza: Teuer aber immerhin sicher. Der Weg zum Hotel wird zum Spießrutenlauf, denn so liberal und bunt sich San Francisco nach außen präsentiert, so düster und zwielichtig schaut vor allem die abendliche Realität in Downtown aus. Schon tagsüber sind an vielen Ecken organisierte Banden beim Drogenhandel zu beobachten, während teils betrunkene und aggressive Obdachlose in den Hauseingängen aktiv Passanten ansprechen und leider auch bedrängen. Ich bin bei solchen Dingen wirklich nicht empfindlich, aber gerade jetzt in der Dunkelheit der einbrechenden Nacht tendiert zumindest in diesem Teil der Stadt die oft zitierte „gefühlte Sicherheit“ gegen Null.

Seelöwen am Pier 39 - Fishermans Wharf SFODas Hotel Whitcomb, obwohl es in zahlreichen Reiseführer als Empfehlung gelistet ist, kann uns nur im Bereich der schön gestalteten Lobby überzeugen. Das gebuchte Standard-Zimmer mit zwei Queensize Betten wurde in einen Raum mit knapp 9 Quadratmetern gequetscht – das Miniatur Badezimmer bereits eingeschlossen. Das erfüllt natürlich seinen Zweck (das Schlafen), versprüht aber keinerlei Wohlfühlfaktor und wirkt eher beklemmend. Die Servicequalität des Hauses hat sich wohl ebenfalls der Massenabfertigung angepasst, die dank unzähliger Reisebusse mit Rundreise-Gruppen zur Lebensader des historischen Hotels geworden ist. Ein weiteres Manko sind die sehr dünnen Wände und die alten, knarrenden Holztüren – nach dem Motto: „Ist einer wach, sind alle wach“. Nun gut, am nächsten Morgen starten wir bereits um 7:30 Uhr in den Tag (die Parkkosten laufen schließlich unerbittlich) und fahren hinunter zum Hafenbereich, dem sog. „Fisherman’s Wharf„. Man kennt es ja von anderen Häfen, die als Trendziele gehyped werden (z.B. die Waterfront in Kapstadt): vom ursprünglichen maritimen Flair ist oft nur noch wenig übrig – stattdessen Ausflugsboote, Burgerbuden und Souvenirläden. Highlights sind da noch die legendären Seelöwen auf einigen Bootsanlegern am Pier 39, umringt von Hunderten wild fotografierender Touristen.

Weltbekannt: Die Lombard Street in San FranciscoDie kurze Überfahrt auf die Gefängnisinsel Alcatraz schlägt mit 26 US Dollar pro Person zu Buche, die Tagestour auf dem Hopon-Hopoff Bussen gar mit unverschämten 44 Dollar. Das scheint die Massen jedoch offenkundig nicht zu stören – „der Rubel rollt“. Das gilt auch für die benachbarten Einkaufszentren Ghirardelli Square, The Anchorage und The Cannery mit zusammen über 200 meist hochpreisigen Geschäften. Ehrlicherweise verpasst man nicht viel, wenn man das alles nicht zu Gesicht bekommt. Wir fahren weiter zum Russian Hill und reihen uns ein in die kurze Schlange wartender Fahrzeuge, um die weltbekannte Lombard Street zu durchkurven. Eine tolle Gelegenheit um samt Mietwagen in den Urlaubsalben hunderter Touristen zu landen, die freudestrahlend jedes passierende Auto auf dem kurzen Straßenzug abknipsen 😀 Nach einem Blick auf einige weitere „Sights“ der Stadt wird uns schnell klar: ein bis zwei Tage sind für San Francisco völlig ausreichend! Ein Besuch in China Town ist uns aufgrund einer großen Veranstaltung mit zahlreichen Straßenumleitungen leider nicht vergönnt und so machen wir uns über die Golden Gate Bridge, die übrigens gerade ihren 75. Geburtstag feiert, in Richtung Sausalito.

75 Jahre Golden Gate Bridge San FranciscoSausalito ist ein gehobenes Städtchen in Hanglage auf der anderen Seite der Bay und besitzt einen großen Yachthafen sowie zahlreiche Restaurants mit Meerblick – ein Besuch lohnt sich. Auf der Rückfahrt (also zurück nach San Francisco) wird für die Überfahrt auf der Golden Gate Bridge übrigens eine Maut in Höhe von 6 USD pro PKW fällig. Empfehlung: Obwohl nur wenige Schilder dezent darauf hinweisen, sollte man auf dem Rückweg die letzte Ausfahrt vor der Brücke zunächst rechts abfahren – hier erreicht man nach einem Anstieg phänomenale „View points“ in luftiger Höhe und die besten Plattformen für das perfekte Foto der Golden Gate mit der Skyline San Franciscos im Hintergrund! Alles in allem bin ich von San Francisco etwas enttäuscht. Es mag sein, dass wir zur falschen Zeit an den falschen Orten waren und auch dem vermeintlich pulsierenden Nachtleben von SanFran keine faire Chance geben konnten. Vielleicht waren wir auch einfach im falschen Viertel im falschen Hotel einquartiert, jedenfalls kann ich – abgesehen von der beeindruckenden Golden Gate Bridge – den Hype um die Stadt nicht ganz nachvollziehen. Man sieht sich aber immer zwei Mal im Leben 😉

Da natürlich nicht alles „schlecht“ war, hier noch eine Ladung Schnappschüsse:

Alex
Alex

Alex Mirschel hat FINEST PLACES bereits 2010 gegründet und viele Jahre unter dem Namen Niedblog zu einem der einflussreichsten Luxus-Reiseblogs in Europa entwickelt. Seit dem Rebranding 2022 ist er unter FINEST PLACES unterwegs. Der Frankfurter Diplom-Verwaltungswirt war ursprünglich im öffentlichen Recht tätig und hielt einen Lehrauftrag als Dozent für Soziologie. Heute ist er selbstständiger Berater und Netzwerkpartner von Realizing Progress. Der Digital-Experte entwickelt Strategien, Kommunikationskonzepte und begleitet Veränderungsprozesse von Unternehmen und Destinationen.

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7 Kommentare

  1. Guy Schweitzer
    13. Januar 2019 / 17:56

    Waren in den letzten 8 Jahren 3 mal in SF. Für mich und meine Frau eine fantastische Stadt. Alle Kalifornier mit denen wir gesprochen haben, dass SF ihre absolute Lieblingsstadt. Dies erklärten uns auch alle Taxifahrer mit denen wir kontakt hatte. Dass die Preise sehr hoch sind und viele homless People dort sind weiss man ja im voraus.
    Probiert es ein 2.Mal

  2. Chris | Wolfsgezwitscher
    17. Februar 2017 / 17:02

    Hello Alex. Danke für diesen ehrlich Bericht! Auch nach 5 Jahren ist das Thema aktuelle. Ich musste länger darüber nachdenken. Und wenn ich ehrlich bin: bei meinen letzten Malen in Down Town San Francisco ging es mir genauso. Die Preise sind selbst für die USA hoch und für Euro-Besitzer noch höher. Insofern überlegt man sich auch zweimal, ob man bestimmte Aktivitäten mitmacht. Und Lombard Street hatte ich erst bei meinem letzten Aufenthalt entdeckt. Dort wohnen möchte ich nicht mit den Massen vor dem Haus, die jede Regung abfotografieren. 😉

    Wenn man längere Zeit dort ist, bekommt man ein anderes Bild von der Stadt. Ich habe letztes Jahr in Marin County gelebt. Dort gibt es ein paar schöne Ecken abseits von den touristischen Pfaden: http://www.wolfsgezwitscher.de/geheimtipps-tagesausflug-san-francisco/

  3. Peter
    20. Mai 2016 / 13:17

    Hallo Ihr beiden,

    vielen Dank für den interessanten Beitrag zu San Francisco.

    Ich kann Deinen Eindruck leider überhaupt nicht bestätigen.
    San Francisco gehört für mich zu den schönsten Städten weltweit.
    Wir durften dort bereits 15 mal zu Besuch sein.

    Ich bin mir sicher, es war das falsche Hotel, ihr hattet keinen fixen Parkplatz, wahrscheinlich auch noch das falsche Viertel. Versucht es nochmals; nehmt Euch ein Hotel od. Motel mit Parkplatz oder aber über Airbnb.

    Die Stadt ist fantastisch; gerade, daß sie nicht so aussieht, wie jede typische amerikanische Stadt, macht sie so interessant.
    Das Flair, die Lage an der Bucht, das Wetter meist nicht zu heiß od. zu kalt, und die Menschen dort.
    All das verleiht dieser Stadt das „gewisse Etwas“.
    LG

  4. Torsten
    12. Juli 2015 / 07:41

    Dein Beitrag kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich kam nach einem leangeren Aufenhalt in Chicago und anschliessender Reise durch den Westen nach San Francisco.
    Mir war die Stadt sofort unsymphatisch. Dreckig, runtergekommen und voller Gesocks. Dazu der starke Verkehr, die voellig ueberteuerten Preise und was noch dazukam, das die Stadt gar nicht in die sonstigen amerikanischen Metropolen passt. Der Ort koennte auch irgendwo an der Kueste von Europa liegen.

    Chicago hatte wesentlich mehr Flair, war viel sauberer und die Menschen freundlicher. Auch Einheimische haben mir das bestaetigt. Ich denke nicht, das es Liebe auf den zweiten Blicke werden wird, den ich werde nicht in diese Stadt zurueckkommen.

  5. 17. Mai 2015 / 21:43

    Immer wieder interessant…
    Ich bin ja (unter anderem) auch begeisterter Amerika-Reisender.
    Und da zählt San Francisco für mich zu den schönsten und beeindruckendsten Städten überhaupt – nicht nur in den USA sondern generell.
    So habe ich es auch auf meiner Seite beschrieben.
    Gebt der Stadt eine zweite Chance – ihr werdet bestimmt nicht enttäuscht (hoffe ich).
    Viele Grüße und weiterhin viele tolle Erfahrungen,
    Ralph

  6. 1. April 2014 / 21:57

    Hey ihr beiden! Sehr interessanter Beitrag zur Stadt. Ich muss gestehen, dass es mir 2007 bei meinem ersten San Francisco Besuch genau so ging wie euch. Ich war bereits 7 Wochen in den Staaten unterwegs und dachte mir: Super, eine weitere US-Metropole. Genau wie ihr kam ich aus dem heißen Las Vegas mit Shorts und Flip-Flops am Flughafen an und musste mir gleich mal einen warmen Pullover und dicke Socken kaufen. Alles in allem war auch ich, vor allem von den Obdachlosen im Stadtzentrum geschockt. So brutal habe ich die Unterschiede zwischen Arm und Reich bisher in keiner anderen US-Stadt erlebt.

    Erst mit dem zweiten Besuch 2012 habe ich die Stadt lieben gelernt. Euer Bericht hat mich dazu inspiriert, meine eigenen Erlebnisse mal in Worte zu fassen.
    http://eventfulday.de/2014/04/01/san-francisco-liebe-auf-den-zweiten-blick/
    Seit ihr mittlerweile mal wieder da gewesen?

    VG, Alex

    • 2. April 2014 / 16:49

      Hallo Namensvetter,

      es ist schon witzig, weil wir nach wie vor nur Schwärmereien von Bekannten hören, die dort gewesen sind. Dein Artikel über den zweiten Besuch hat uns darin bestärkt, San Francisco auch nochmal eine zweite Chance mit anderen Rahmenbedingungen zu geben. Eines Tages, wenn es passt 🙂

      Sonnige Grüße aus Frankfurt

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