Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar… Mit diesem Slogan wirbt Deutschlands erstes Dunkelrestaurant – die mittlerweile berühmtberüchtigte unsicht-Bar in Berlin! Und tatsächlich: mit verbundenen Augen wagt man sich in eine faszinierende Welt der Dunkelheit, die den Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Heute möchte ich euch von einem Ereignis berichten, das mich und den letzten Besuch in unserer Hauptstadt geprägt hat.
Als Geburtstagsgeschenk führte mich meine bessere Hälfte mit verbundenen Augen (wie passend) in die unsicht-Bar Berlin. Zunächst wird man im gedimmten Foyer freundlich empfangen, wunschweise mit einem Getränk begrüßt und wählt in Ruhe sein bevorzugtes Menü aus. Zur Auswahl stehen Fisch, Geflügel, Lamm, Kalb/Rind, ein vegetarischer Hauptgang oder ein Überraschungsmenü – serviert als Drei- oder Viergangmenü mit Vorspeise, Suppe und Dessert. Die Menüpreise für dieses unvergleichliche Erlebnis liegen zwischen EUR 39,50 und 59,50. Wir haben das Überraschungsmenü gewählt, was eine besondere Spannung hervorruft, denn im Laufe des Abends wird sich zeigen, dass unser Gehirn in der Identifizierung bestimmter (ja ungesehen servierter) Speisen durchaus seine Wirrungen hat.
Jedenfalls führte uns nach dem Getränk und einer kurzen Einweisung ein ausgesprochen freundlicher, blinder Kellner zu unserem Tisch. Ab diesem Zeitpunkt heißt das Stichwort vor allem Vertrauen, denn nur mit der Hilfe des Kellners weiß man sich auf dieser faszinierenden Reise in die völlige Dunkelheit (man sieht wirklich rein gar nichts!) überhaupt zurecht zu finden. Die Position des Bestecks, der Gläser und ohnehin jegliche örtliche Angaben werden durch das analoge Uhrensystem vermittelt, das Messer liegt dann zum Beispiel „auf drei Uhr“. Schon nach wenigen Minuten erfahren wir, wie schnell beim freiwilligen Verzicht auf unseren Sehsinn und jegliche optische Reize unsere anderen Sinne intensiviert werden. Ich erlebe plötzlich jeden noch so leichten Windhauch, orte Stimmen, rieche verschiedene Parfümnoten gepaart mit dem Duft ausgezeichneten Essens und ertaste meine Umgebung. Selbst wortlos befindet man sich in einer gespürt intensiven Konversation, Paul Watzlawick lag also auch auf dieser Ebene gar nicht so falsch („Man kann nicht nicht kommunizieren“).
Unser Kellner nähert sich witzelnd mit der Vorspeise, während wir mit unseren Tischnachbarn ins Gespräch gekommen sind. Man macht sich ein Bild von seinem Gegenüber, um dann – ich nehme es mal vorweg – beim Verlassen des Restaurants festzustellen, dass man hinsichtlich Alter und Erscheinung vollkommen daneben lag 😀 Unsere Vorspeise jedenfalls schmeckt nach Salat, da sind wir uns einig, doch schon bei den Extras scheiden sich die Geister… Unsere Nachbarn vermuten Speck, meine bezaubernde Begleitung hat Schinken erschmeckt und ich lege mich auf Lachs fest – delikat ist es jedoch ganz sicher! So ziehen die Stunden und Gänge ins Land, bis man irgendwann bemerkt, dass man sich in dieser faszinierenden Welt doch schon erstaunlich gut ‚bewegt‘. Mittlerweile sitzt der Griff zum Wasserglas und auch das Nachschenken wird mit den entwickelten Tricks (Finger ins Glas um den Füllstand zu ertasten) zum Kinderspiel! Der persönliche Kellner hält sich dabei immer in der Umgebung und steht auf Zuruf sofort zur Verfügung, sei es nun für einen Getränkewunsch oder den geführten Gang zur Toilettentür.
Wie man das Essen nun genau verzehrt, ist natürlich jedem selbst überlassen – alles ist erlaubt, auch mit den Händen essen. Die Auflösung der jeweiligen Gänge ist ein wirkliches Highlight. Nicht nur beim Salat lagen wir daneben, auch der vorzügliche Lammrücken wurde von uns als „ganz sicher Rind“, „Pute – jede Wette“ bzw. „ich vermute Strauß“ nicht ganz sicher identifiziert 🙂 In jeder Weise erlebten wir das intensivste und beeindruckendste Essen unseres Lebens. So ängstlich man zu Beginn auch sein mag, weicht diese Unsicherheit schnell der Faszination für diese Sinnesreise und die eigenen Fähigkeiten – eine wahre Erleuchtung in der Dunkelheit!
Alle Informationen zur unsichtbar, die es mittlerweile übrigens auch als unsichtbar Köln und unsichtbar Hamburg gibt, findet ihr natürlich auch auf der netten Homepage des Dunkelrestaurants. Gerade zur unaufhaltsam näher kommenden Weihnachtszeit ist ein unsichtbar Gutschein übrigens auch eine tolle Geschenkidee!
unsicht-Bar Berlin
Gormannstr. 14
10119 Berlin - Mitte
WebseiteTel. 030 24342500
Empfehlung: vorher reservieren! Mo-Fr. 18 - 01 Uhr Sa-So. 17 - 01 Uhr
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