Die Fahrt von Lake Elmenteita ins zentrale Hochland führt uns entlang einer Vielzahl von Dörfern, ganz Kenia scheint schon zu früher Stunde auf den Beinen zu sein. Wir erblicken grüne Felder, farbenfrohe Marktstände, einige Ziegen, Kühe und Esel am Straßenrand. Einheimische, die unseren Geländewagen entdecken, schenken uns ein freundliches Lächeln, einige Kinder winken begeistert.
Allzu viele Touristen scheinen dieser Tage in der Region nicht unterwegs zu sein. Selbst bei unserer Mittagspause an den beeindruckenden Thompson’s Falls geht es beschaulich zu, umso ungestörter können wir das hinabstürzende Wasser des Ewaso Narok Rivers bewundern. Mit einem tiefen Dauergrollen fällt der Fluss nahe der höchstgelegenen Stadt Kenias (Nyahururu) rund 70 Meter in eine Felsspalte.
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Zu Fuß im Busch: Auf Tuchfühlung mit Giraffen & Co.
Eine Stunde später biegen wir bereits in die üppige Gartenanlage der Rhino Watch Safari Lodge ein, unserem Domizil für die nächsten drei Nächte. Da es noch früh am Nachmittag ist, entscheiden wir uns spontan für einen geführten Spaziergang auf dem Anwesen des legendären Aberdare Country Club (20 US$ pro Person), der nur rund 10 Fahrtminuten von unserer Lodge entfernt liegt.
Mit einem Ranger geht es rund zwei Stunden zu Fuß durch das private Schutzgebiet, aus einiger Entfernung werden wir argwöhnisch von Impalas, Zebras und Wasserböcken inspiziert. Es ist eine willkommene Gelegenheit, unsere Beine zu vertreten und die kenianische Tierwelt mal aus einer völlig anderen Perspektive kennenzulernen. Löwen gibt es hier zwar keine, doch selbst friedlich grasende Warzenschweine wirken aus diesem Blickwinkel noch eine gehörige Portion mächtiger.
Nicht nur aufgrund ihrer Größe sind die zahlreichen Giraffen an diesem sonnigen Nachmittag der Höhepunkt unseres Ausfluges. Bereits aus der Ferne haben sie uns entdeckt und warten mit gestreckten Hälsen neugierig auf die zweibeinigen Besucher am Wasserloch. Die Erfahrung hat ihnen offenbar gezeigt, dass wir in friedlicher Absicht umherschleichen, daher lassen uns die bildschönen Paarhufer bis auf wenige Meter heran und posieren selbstbewusst vor unseren Kameras. Ein großartiges Erlebnis!
Keine Gorillas im Nebelwald – doch jede Menge Vielfalt
Nach einer kurzen, dennoch erholsamen Nacht starten wir am nächsten Tag bereits früh in Richtung Aberdare Nationalpark. Durch die gute Lage der Rhino Watch Lodge, umgeben von gleich mehreren Reservaten, erreichen wir den Parkeingang binnen weniger Minuten. Es ist noch kühl und feucht, als wir durch den dichten Bergnebelwald fahren. Die verträumte Atmosphäre der Aberdares diente einst als Kulisse zahlreicher Szenen des Filmklassikers Gorillas im Nebel, auch wenn die großen Menschenaffen hier nie heimisch waren.
Dafür tollen auch heute noch Paviane, Colobus- und Sykes-Affen durch das Gestrüpp, ein seltenes Waldschwein (Black Forest Hog) blickt uns skeptisch entgegen. Durch die dichte Vegetation ist die Tierbeobachtung nicht ganz einfach, Elefanten gelten hier als ähnlich scheu wie die ohnehin sehr selten zu beobachtenden Leoparden. Etwas gemächlicher lassen es hingegen Hunderte Büffel angehen, die auf unserem Weg durch den Regenwald am häufigsten anzutreffen sind.
Die Landschaft der Aberdares ist nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent einzigartig und ein großer Kontrast zu den zahlreichen Savannenparks in Kenia. Vom undurchdinglichen „Dschungel“ erreichen wir auf knapp 2500 Metern Höhe plötzlich eine Zone aus Bambusdickicht, immer mehr Sonnenstrahlen erreichen nun unser Fahrzeug. Kurz darauf folgt ein erneuter Wandel, auf dem Plateau oberhalb von 3000 Höhenmetern erinnert das weitläufige Moorland mit Farnen und Orchideen eher an Irland oder Schottland.
Majestätische Pfade und ein Königreich für Nashörner
Pflanzenkundler sprechen von afro-alpiner Vegetation. Forellenreiche Bäche durchziehen das Gebiet und stürzen gleich mehrfach dramatisch in die Tiefe. Schon eine gewisse Prinzessin, die 1952 im Aberdare Nationalpark durch den Tod ihres Vaters am nächsten Morgen als Queen Elizabeth II. erwachte, wusste die landschaftliche Vielfalt zu schätzen. Während wir auf majestätischen Spuren wandeln und den bildschönen „Queen Waterfall“ erkunden, bereitet unser Guide Aaron im Schatten ein leckeres Mittagessen zu.
Am späten Nachmittag genießen wir – zurück in der Rhino Watch Safari Lodge – bei einem erfrischenden Cocktail den Blick auf Mount Kenya im Glanze der untergehenden Sonne. Die Lodge unter deutscher Leitung begeistert uns mit einem tollen Gesamtpaket aus überaus herzlichen Mitarbeitern, stilvollen geräumigen Unterkünften (Chalets oder Luxuszelte) und einer hervorragenden Küche. Die prächtige Gartenlandschaft ist derweil der perfekte Ort, um die Füße hochzulegen und Entspannung zu finden.
Auch die Guides sind bestens geschult und runden das Safari-Erlebnis mit Bestnote ab. Dabei liegt mit dem Solio Reservat ein weiterer Höhepunkt unserer Reise nur einen Steinwurf von der Lodge entfernt. Solio ist auf der touristischen Landkarte noch ein recht unbeschriebener Fleck, doch gilt das private Wildreservat unter Kennern schon längere Zeite als echtes Paradies für Fotografen und Tierliebhaber. Nicht zuletzt dank seiner außergewöhnlichen Erfolge bei der Nashorn-Zucht.
Ungestörte Tierbeobachtungen im Solio Reservat
Aufgrund seiner Dichte an Nashörnern wurde das Schutzgebiet gewissermaßen zum Namensgeber von „Rhino Watch“. Tatsächlich kommen wir schnell in den Genuss zahlreiche Breitmaulnashörner als auch Spitzmaulnashörner mit jungen Kälbern aus kurzer Distanz beobachten zu können. Leider sind solche Begegnungen durch das dramatische Ausmaß an Wilderei in Afrika längst eine Seltenheit. 18.000 Spitzmaulnashörner gab es 1970 allein in Kenia, heute sind es nur noch 5.000 Tiere auf der ganzen Welt.
Es bleibt zu hoffen, dass Schutzprogramme wie im Solio Reservat (Park Fee 80US$) dazu beitragen, dass auch nachfolgende Generationen diese faszinierenden Tiere noch in freier Wildbahn bewundern dürfen. Übrigens hat Solio mit Ausnahme von Elefanten auch sonst jede Menge zu bieten, sogar ein großes Rudel Löwen streift durch die Landschaft. Zahlreiche Zebras und Antilopenarten sorgen für das nötige Nahrungsangebot der Jäger, auch Leoparden sind in Solio mit etwas Glück anzutreffen.
Während wir im Aberdare NP (Park Fee 65 US$) auf nur fünf Fahrzeuge treffen, sind wir in Solio bis auf einem Wagen der örtlichen Luxuslodge allein auf weiter Flur. Ein absoluter Pluspunkt im Vergleich zu Publikumsmagneten wie der Massai Mara, die Tierbeobachtungen werden dadurch noch viel intensiver. In einem sicheren, abgegrenzten Bereich des Reservates überrascht uns das Team der Rhino Watch Lodge mit einem ausgiebigen Lunch im Busch, bevor wir unseren Game Drive bis zum frühen Abend fortsetzen.
Rhino Watch Lodge: Kühle Nächte und warme Gastfreundschaft
Von Juni bis August herrscht in Kenia übrigens Winterzeit, die sich vor allem im zentralen Hochland deutlich bemerkbar macht. Während das Thermometer tagsüber durch die Äquatornähe mühelos auf 30 Grad klettert, kühlt es in den Nächten oft sehr stark ab. Doch kein Grund zur Sorge: Am Abend schafft der offene Kamin an der Bar Behaglichkeit, unter unserer Bettdecke warten im Zimmer bereits zwei Wärmflaschen für die Nacht und bei der Ausfahrt am Morgen liegen kuschelige Massai-Decken bereit.
Der Rhino Watch Lodge gelingt der schwierige Spagat zwischen wohnlicher Bodenständigkeit, Naturverbundenheit und herausragendem Service zu vernünftigen Preisen. Sie platziert sich ganz bewusst etwas bescheidener als einige Ultra-Luxusherbergen mit Übernachtungspreisen im Bereich eines Gebrauchtwagens. Dennoch müssen wir auf keinerlei Annehmlichkeiten verzichten, unser Aufenthalt besticht durch ein hohes Maß an Komfort und Genussmomenten.
Das zentrale Hochland von Kenia ist damit nicht nur ein Reich für Nashörner und angehende Königinnen, sondern auch ein echtes Paradies für Naturfreunde und Safari-Liebhaber. Die Vielfalt der Region ist beeindruckend und eignet sich auch ideal für längere Aufenthalte. Bereits nach wenigen Minuten entdecken wir die lächelnden Gesichter, die uns schon bei der Anreise am Straßenrand begegnet sind, an einer ganz anderen Stelle:
Im eigenen Spiegelbild.
Fotos: Aberdares, Solio, zentrales Hochland (Kenia)
Weitere Informationen
Frank Wirth ist begeisterter Naturschützer und Wildlife-Enthusiast. Er betreibt neben Rhino Watch Safaris und der Rhino Watch Safari Lodge im zentralen Hochland von Kenia eine feine Sammlung an Ökoprojekten rund um den Erdball, einschließlich Patagonien, den Galapagos-Inseln und den Azoren.
Das Team von Rhino Watch ist offizieller Stützpunkt von „Plant for the Planet“, auf dem Gelände der Lodge wurden im Zuge der Kampagne „Stop Talking, Start Planting“ bereits über 500 Bäume gepflanzt. Ein besonderes Augenmerk legt Frank Wirth auf den Schutz der bedrohten Nashörner.
Mit dem von ihm gegründeten Rhino Awareness & Protection Projekt arbeitet Rhino Watch eng mit dem renommierten Nashornbiologen Dr. Felix Patton zusammen. Neben klassischen Rundreisen, Familien- und Kleingruppensafaris mit privatem Guide bietet Rhino Watch daher auch maßgeschneiderte Safari-Angebote mit speziellen Nashorn-Workshops an.
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